S.E. Yongdzin Tenzin Namdak Rinpoche ist der älteste Lehrer der Bön-Tradition und wird als der weltweit größte Experte in Bezug auf Bön betrachtet. Yongdzin Rinpoche wurde 1926 in Khyungpo Karru im Bezirk Khyungpo der Kham-Provinz im Osten Tibets geboren. Im Alter von sieben Jahren trat er dem Tengchen Kloster, einem regionalen Kloster an dem sein Onkel als Chant-Anleiter fungierte, bei. Dort begann er eine umfangreiche Ausbildung und legte mit 14 Jahren das Mönchsgelübde ab.

1940, im Altern von 15 Jahren, reiste der junge Mönch mit seinem Onkel nach Yungdrung Ling, einem führenden Bön-Kloster in Zentral-Tibet. Von 1940 bis 1942 verbrachte er viel Zeit dort und half dabei Wandgemälde zu verwirklichen, wobei er sich seine Ausbildung als Künstler und Maler ab dem elften Lebensjahr zunutze machte. Später im Jahre 1942 begab er sich auf Pilgerreise in Nepal und West-Tibet. Mitte 1943 kehrte er nach Yungdrung Ling zurück, um sein Studium der Philosophie zu beginnen.

Von 1944 bis 1948 lebte und studierte Yongdzin Rinpoche mit seinem Tutor und Meister Gangru Tsultrim Gyaltsen Rinpoche, der nach 18 Jahren Dienst als Lopön (Hauptlehrer) von Yungdrung Ling, zurückgetreten war. Ein Großteil dieser Zeit wurde in Abgeschiedenheit in einer abgelegenen Meditationshöhle m Juru Tso See in Naktsokha, Nord-Tibet, verbracht, wo Gangru Pönlob Rinpoche ihm Grammatik, Poesie, monastische Disziplin, Kosmologie und die Stufen des Weges zur Erleuchtung entsprechend Sutra, Tantra und Dzogchen, nahebrachte. Während dieser Zeit gelang es Rinpoche, trotz seiner aufwändigen akademischen Bemühungen in einer Vielzahl tiefgründiger Themen der Philosophie und allgemeinen tibetischen Wissenschaften, 900.000 der Ngöndro Praktiken sowie den Dzogchen Praktiken des Trekchöd und Thogal mit tiefer Verwirklichung anzusammeln.

Zum Ende dieser Zeit hin, später im Jahr 1948 reiste er ins Kloster Menri in der Tsang Provinz, Zentral-Tibet, um seine Studien zur Erlangung des Geshe-Grades (das tibetische Äquivalent eines Doktortitels in Philosophie) zu absolvieren. Sein hauptsächlicher Lehrer in Menri war Lopön Sangye Tenzin Rinpoche. 1952, im Alter von 27 Jahren, erhielt er seinen Abschluss und wurde im selben Jahr zum Nachfolger seines Meisters als Lopön (Hauptlehrer) das Klosters gewählt. 1957 eskalierte in Zentral-Tibet der Konflikt zwischen den heimischen Tibetern und den anrückenden chinesischen Kommunisten, woraufhin sich Lopön Tenzin Namdak Rinpoche von seinen Aktivitäten als Lopön zurückzog. Er reiste ins Se-zhig Kloster am Dang-ra See in Nord-Tibet und verblieb dort bis 1960 im Retreat, direkt nach dem Aufstand von Lhasa gegen die chinesischen kommunistischen Besatzer.

Inmitten Gewalt und Besatzung waren viele berühmte, noch lebende tibetische Meister der Zeit gezwungen aus ihrem Heimatland zu fliehen, unter ihnen S.H. Der Dalai Lama und S. H. Gyalwa Karmapa. Lopön tenzin Namdak Rinpoche versuchte gemeinsam mit einer Gruppe Lamas und Mönchen aus Menri zu entkommen zu der auch der 32. Abt Menris, sein letzter Schüler, gehörte. Bei sich trugen sie wichtige Texte und Reliquien. Doch auf dem Weg nach Süden, gen Indien, wurde er von chinesischen Soldaten angeschossen. Ihn tot glaubend, ließen die Chinesen den großen Meister im Schmutz liegen. Ein ihm nahestehender Mönch half ihm zu einer in der Nähe wohnenden Familie, die ihn versteckte.

Während seiner Flucht war es Yongdzin Rinpoche möglich die berühmte Stupa von Nyame Sherab Gyaltsen zusammen mit Statuen, kostbaren Reliquien und anderen heiligen Objekten in einer Höhle bei Lung-do Drag in der Gegend um Tsochen, Tibet, zu verbergen. Als er sich ausreichend erholt hatte um seine Reise fortzusetzen, trug er ausreichen Mengen Texte mit sich, um deren Erhalt sicherzustellen. (Diese heiligen Objekte sind nun sicher im Kloster Menri, Tibet, untergebracht).

22 Tage lang reise die Flüchtlingsgruppe bei Nacht und verstecke sich während des Tages bis sie, mit ihren Bänden bedeutender Texte, in Nepal einen sicheren Rückzugsort erreicht hatten. In Nepal verblieb er eine Weile im Najyin Kloster, Kathmandu. 1961 traf er den angesehenen englischen Tibetologen Dr. David Snellgrove von der Universität London, der ihn gemeinsam mit Geshe Sangye Tenzin (dem gegenwärtigen S.H. Menri Trizin) und Geshe Samten Karmay nach London einlud.

Mit einem Stipendium der Rockefeller Foundation im Gastwissenschaftlerprogramm, hielt sich Lopön Tenzin Namdak Rinpoche in England auf – zunächst an der Universität von London und dann an der Universität von Cambridge. Danach begab er sich in ein Retreat in einem Benediktinerkloster auf der Isle of Wight. Seine drei Jahre in england (1961-1964) und seine Zusammenarbeit mit Dr. Snellgrove gipfelten in der Veröffentlichung von „The Nine Ways of Bön“ 1967 in englischer Sprache (Oxford University Press) der ersten wissenschaftlichen Studie der Bön-Tradition, die im Westen unternommen wurde. 1964 kehrte er nach Inddien zurück, wo er die kostbaren tibetischen Texte wiederveröffentlichte. Dort übernahm er gleichfalls die heikle Aufgabe Gelder aufzubringen, um eine Bönpo-Siedlung und ein Kloster in Nordindien zu verwirklichen.

Von 1964 bis 1967 bemühte sich Lopön Tenzin Namdak verzweifelt das Volk der Bönpos und ihre Kultur aus dem Exil am Leben zu erhalten. 1967 kaufte er mit der finanziellen Unterstützung des katholischen Hilfswerks ein Stück Land in Dolanji, nahe Solan, im Himachal Pradesh, Nordwest-Indien, und und gründete dort eine tibetische Siedlung, Schule und ein Kloster. Nach dem Tod Kundun Sherab Lodroes (dem 32. Abt Menris) 1963 wurde S.H. Sherab Tenpai Gyaltsen, der Abt von Yungdrung Ling, vorläufiger spiritueller Anführer der Bön-Gemeinde im Exil.

Durch die Führung von S.H. Sherab Tenpai Gyaltsen und die Inspiration von Lopön Sangye Tenzin und vieler anderer Lamas, übernahm Yongdzin Rinpoche die Verantwortung einen Nachfolger für den verstorbenen Abt ausfindig zu machen.

Im März 1968 wurde Sangye Tenzin Jongdong (S.H. Lungtok Tenpai Nyima) auf traditionellem Weg als Menri Trizin, Throninhaber des Klosters Menri, ausgewählt, und wurde smoit der spirituelle Anführer des Bön. Gemeinsam arbeiteten Yongdzin Rinpoche und S.H. Menri Trizin daran die monastische Gemeinschaft in Dolanji aufzubauen, die seinerzeit das einzige Bön-Kloster in Indien darstellte.  Mitte des Jahres 1968 unternahm Yongdzin Rinpoche einen zweiten Besuch in Europa und diente als Gastwissenschaftler an der Universität von München. 1969 bis 1978 setzte er seine Arbeit in Dolanji fort, die schreiben, veröffentlichen, praktizieren, übertragen vin Initiationen und Belehrungen der Lamas und Mönche beinhaltete. Nach dem Tode Lopön Sangye Tenzis 1977 in Folge langer Krankheit, wurde ihm die volle Verantwortung dafür die jüngere Generation von Mönchen zu unterrichten übertragen. 1978 wurde eine Dialektik-Schule unter seiner Leitung verwirklicht. 1986 machte die erste Klasse von Mönchen ihren Abschluss mit Geshe-Graden an der Dialektik-Schule.

In diesem Jahr begab sich Yongdzin Rinpoche nach Tibet. Und bei seiner Ankunft in Kathmandu, Nepal, erstand er mit seinem Geld und einigen Darlehn ein kleines Stück Land wo er das zukünftige Kloster Triten Norbutse erbauen würde. Das Kloster wurde 1987 an seiner Stelle am Fuße des Nagarjuna-Hügels im Westen des berühmten Swayambhu am äußersten Ende des Tals von Kathmandu, gegründet.

Triten Norbutse ist seither zu einem der beiden Haupt-Bön-Klöster außerhalb Tibets geworden, das ein umfangreiches und strenges Studium des breiten Spektrums von Bön-Texten und Traditionen bietet.

Heute studieren und praktizieren dort 170 Mönche. Yongdzin Tenzin Namdakt Rinpoche behielt dort einen regelmäßige Lehrtätigkeit bei, während er zahlreiche Exkursionen unternahm, um im Westen zu lehren.

1993  wurde sein Kommentar zu Shardza Tashi Gyaltsen Rinpoches Buch über Dzochen-Praxis, „Heart Drops of Sharmakaya“, von Snow Lion Publications auf Englisch veröffentlicht. Seit 1995 hat Yongdzin Rinpoche Europa regelmäßig besucht um Belehrungen zu geben und hat auch oft auf Einladung seines früheren Schülers in Dolanji, Geshe Tenzin wangyal Rinpoche sowie anderer die USA besucht.

Er gab regelmäßig Retreats in Frankreich, wo seine westlichen Schüler die Association Yungdrung Bon ins Leben riefen, um seine Arbeit im Westen, besonders in Europa, zu vereinfachen. 2005 wurde Shenten Dargye Ling gegründet, eine Gemeinde, die von der französischen Regierung juristisch anerkannt wurde, und dem Erhalt, der Erforschung, der Lehre und der Praxis des Yungdrung Bön dient.

Die Informationen in dieser Darstellung wurden zu einem Großteil aus den Bönpo-Dzogchen-Belehrungen nach Lopön Tenzin Namdak Rinpoche übernommen und von John Myrdhin Reynolds transkribiert und aufbereitet. Kathmandu, Nepal: Vajra Publications, 2006. Sie wurden weiterhin auf Genaurigkeit hin von Khenpo Tenpa Yungdrung Rinpoche, dem gegenwärtigen Abt des Klosters Triten Norbutse, überarbeitet.